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Alexei Nawalny, der Christ
Mitte Februar starb der russische Regimekritiker Alexei Nawalny in einem Straflager nördlich von Moskau.
Der Versuch, ihn zu vergiften, hatte Putins unmenschliches Regime bloßgestellt und Nawalny zu einem internationalen Symbol des Widerstands gemacht. Nach seiner Genesung von dem Giftanschlag hätte er in Deutschland im Exil bleiben können, aber er kehrte in seine russische Heimat zurück, obwohl er wusste, dass er sich damit in Lebensgefahr begab. Prompt wurde er schon auf dem Flughafen verhaftet und vor Gericht gestellt.
Nach seiner Verurteilung sagte er:
"Tja, ich soll also mein Schlusswort sprechen – spreche ich also mein Schlusswort. Ich weiss gar nicht, was ich noch sagen soll, Euer Ehren. Soll ich mit Ihnen vielleicht über Gott und Erlösung reden? Den Pathos-Hebel auf Maximum stellen? Die Sache ist nämlich die: Ich bin ein gläubiger Mensch. Bei der Anti-Korruptions-Stiftung und in meinem Umfeld werde ich eher damit aufgezogen, die Leute sind da meist Atheisten, und ich war auch mal einer, sogar ein ziemlich militanter. Aber jetzt bin ich ein gläubiger Mensch, und das hilft mir sehr bei dem, was ich tue. Es macht alles viel, viel einfacher. Ich grüble weniger, ich habe weniger Dilemmas in meinem Leben – denn es gibt da so ein Buch, das mehr oder weniger genau beschreibt, was man in welcher Situation zu tun hat. Es ist natürlich nicht immer einfach, sich daran zu halten, aber ich versuche es im Großen und Ganzen. Und deshalb fällt es mir wohl leichter als vielen anderen, in Russland Politk zu machen...
'Selig sind, die da hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden'... dieses Gebot habe ich immer als Handlungsanweisung verstanden. Es macht mir zwar keinen Spass, hier zu sein, aber ich bedauere auch keinesfalls meine Rückkehr und das, was ich gerade tue. Denn ich habe alles richtig gemacht. Ich fühle sogar so etwas wie Genugtuung, weil ich in einer schwierigen Zeit getan habe, was in der Anweisung steht. Ich habe das Gebot nicht verraten.
Eine wichtige Sache noch. Für den modernen Menschen klingt dieses Gebot natürlich viel zu pathetisch: 'selig', 'hungert und dürstet nach Gerechtigkeit'... Ja, es klingt ziemlich abgedreht. Ganz ehrlich: Menschen, die so was sagen, wirken schlichtweg verrückt. Es sitzt also irgendein Verrückter mit zerzausten Haaren in seiner Zelle und versucht, sich aufzumuntern. Solche Menschen sind natürlich einsam, sie sind allein, weil niemand sie braucht... Dieses 'Selig sind, die da hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden' - das mag ja exotisch oder komisch klingen, aber in Wirklichkeit ist das aktuell die bedeutendste politische Idee in Russland... Kraft liegt in Gerechtigkeit. Wer Wahrheit und Gerechtigkeit hinter sich hat, wird siegen." (auch wenn er umgebracht wird wie Jesus, möchte man hinzufügen...)
(zit. nach CIG 17/2024, S. 6: Artikel von Dietmar Mieth)
In "Christ in der Gegenwart" (17/2024, S. 6) schreibt dazu Dietmar Mieth:
"... Alexei Nawalny, der orthodoxe Christ. In einem Interview danach gefragt, wer der beste Politiker sei, antwortete er nach einem Zögern mit einem Lächeln: Jesus.