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Mose und das Böcklein (eine jüdische Legende)
Als Mose die Herde des Jitro hütete am Rand der Wüste, da geschah es eines Tages, dass ein junges Böcklein ihm entlief und in kecken Sprüngen in die Wüste hüpfte. Sogleich eilte Mose ihm nach, um es zu fangen, aber er konnte es nicht erreichen, und die Sprünge des Tieres schienen ihn nur zu verspotten. Immer weiter ging die Jagd über Sand und Stein, und die Sonne brannte herab.
Da schwor Mose in jähem Zorn: "Wenn ich dich erwische, sollst du deine Bosheit büßen!"
Doch auf einmal stand das Böcklein still. Da ging Mose in einem Bogen herum, um es in seinem Rücken zu überfallen. Als er aber nahe herankam, da floss aus Sand und Stein ein helles Wasser, und das Böcklein trank daraus in großen Zügen.
Da besänftigte sich Mose und sagte: "Hätte ich gewusst, dass du wegen deines Durstes davon gelaufen bist, hätte ich keinen Zorn auf dich gehabt. Denn ich weiß, der Durst kann böse brennen."
Und er wartete, bis das Böckchen getrunken hatte. Danach nahm er es auf seinen Arm und trug es zurück zur Herde. Als Gott dies sah, sprach er: "Dieser Mann kennt Zorn und Erbarmen. Ich will ihm meine Herde geben, mein Volk Israel."
(nach: Jüdische Legenden, nacherzählt von E. Schubert-Christaller, Heilbronn 1978)