Kloster Gethsemani

Neues

Ostern Der Garten

Der Garten Eden, auch als Paradiesgarten bezeichnet, steht in der Heiligen Schrift als Symbol v o r dem Sündenfall, als die Welt noch in Ordnung ist.

Bei den Propheten Amos und Jeremia zielt das kommende Heil auf die Wiederherstellung des Paradieses. Diese Wiederherstellung geschieht am Ende des Lebens Jesu: Nach dem Letzten Abendmahl führt Jesus die Jünger in den Garten von Gethsemani. In diesem Garten vollzieht Jesus die Rückführung des Menschen ins Paradies. Er macht die Ursünde Adams, der Gott im Garten Eden den Gehorsam verweigerte, zunichte, indem er betet: "Vater, nicht mein Wille geschehe, sondern der deine!"

Der Garten Gethsemani erweist sich als Ort der richtigen Entscheidung, die zur wahren Freiheit führt. So wie Adam im Garten Eden die falsche Entscheidung getroffen hat, ringt Jesus im Garten Gethsemani um die richtige Entscheidung. So macht er Gethsemani zum Abbild des neuen Paradieses. Christus, der neue Adam, stellt das, was der alte Adam zerstört hat, wieder her.

Nun ist auch an dem Ort, wo man Jesus gekreuzigt hat, ein Garten - und in diesem Garten ist ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden ist. In dem Wort des Bräutigams im Hohenlied - "Ich kam in meinen Garten, dort pflückte ich meine Myrrhe" - hat die frühe Kirche eine Vorwegnahme dieses Gartens auf Golgotha gesehen. Nikodemus bringt für die Bestattung des Leichnams Jesu im Garten von Golgotha aus Myrrhe hergestellten Balsam. Der Garten der Kreuzigung wird zum Ostergarten!

In diesem Garten ereignet sich die erste Begegnung mit dem Auferstandenen. Das Grab wird zum Grab des Lebens - es steht für den Übergang vom Alten zum Neuen. Dieses Grab ist neu, noch unangetastet, als man Jesus dort hineinlegt. Dieses Grab ist wie der Schoss Marias jungfräulich: verfügbar und rein. So wie der Mutterschoss Marias Jesu erste Geburt vorbereitete, so birgt dieses Grab seine zweite Geburt in sich.

Der Stein ist weggeschafft. Der Raum, aus dem das Neue hervorgeht, hat sich wie bei einer Geburt geöffnet. Das neue Leben hat sich von den Leinenbinden und dem Schweisstuch abgenabelt - damit wird die Verwandlung vom Tod zum Leben manifestiert. Das leere Ostergrab erweist sich als Zeugnis der Auferstehung Jesu.

Liebe Schwestern und Brüder, es kommt darauf an, in die Bildhaftigkeit der Sprache der Ostergeschichten einzudringen. Diese Geschichten wollen uns auf eine andere Ebene des Verstehens führen. Es sind Geschichten, die Grenzen sprengen und den verschlossenen Horizont unserer Welt aufbrechen möchten. Die Ostergeschichten untergraben alle Bemühungen der Vernunft, sie mit frommen oder spitzfindigen Theorien zu erklären. Sie blockieren unsere gewöhnliche Denkweise, ermöglichen es uns aber, in blitzhaftem Aufleuchten ins Ostergeheimnis vorzudringen.

(Predigt von Dom Chris am Ostersonntag 2019)